Feinde von außen brauchen wir nicht zu fürchten, der eigentliche Feind sitzt in uns selbst. Jede Neugier und alles unstete Umherschweifen des Geistes füttert die Seele mit Schadstoffen.
Als einige Brüder das hell leuchtende Licht seines tiefen Schriftverständnisses bewunderten, und ihn nach dem Sinn einiger Schriftstellen fragten sagte Abbas Theodor: Wer in die Kenntnis der Heiligen Schrift eindringen wolle, dürfe keineswegs seine Mühe auf das Studium von Kommentaren verwenden, er müsse vielmehr seinen ganzen geistigen Fleiß und die Spannkraft seines Herzens für die Reinigung von den Sünden des Fleisches auf- bieten. Seien diese ausgetrieben und die Decke der Leidenschaften weggezogen, so würden die Augen des Herzens die Mysterien der Schriften auf geradezu natürliche Weise zu schauen beginnen. Was uns die Mysterien dunkel macht, das ist die Decke der Sünden über den Augen unseres Herzens.
Ein Wort des seligen Makarius: "Man muß fasten, als hätte man Aussicht hundert Jahre zu leben. Und man muß seine Emotionen zügeln, Beleidigungen vergessen, lähmenden Trübsinn verscheuchen, Schmerzen ertragen und Verluste hinnehmen - als würde man heute sterben."
Wenn der Zorn in unserem Herzen haust, dann wird das Auge unseres Herzens verfinstert. - Mit Gift im Herzen kann man nicht beten.
Wir entschuldigen gerne unser Versagen mit der Behauptung, unsere Brüder seien daran schuld, nicht unsere Ungeduld.
Die Reife des Herzens erlangt man nicht durch Absonderung von den Menschen sondern durch die Tugend der Geduld. Wenn wir geduldig sind, dann können wir selbst mit solchen in Frieden leben, die den Frieden hassen. Sind wir ungeduldig, dann geraten wir sogar mit denen in Streit, die vollkommen und besser sind als wir.
Das überaus verderbliche Laster des Trübsinns können wir aus uns austreiben, indem wir unseren Geist durch beständige geistliche Meditation vor einem Vakuum bewahren und ihn durch die Hoffnung auf die ewige Zukunft und die Kontemplation der verheißenen Glückseligkeit aufrichten- auf diese Weise werden wir aller Arten von Traurigkeit Herr werden, mögen sie durch vorausgehenden Zorn oder durch Vermögensverluste bedingt sein, mögen sie aus erlittenem Unrecht oder aus unentwirrbaren Konflikten stammen, die uns in tödliche Verzweiflung stürzen. Was ewig ist und Zukunft hat, das Jenseits, das sollen wir ausdauernd, in Freude und unverrückbar vor Auge haben. Dann werden wir uns nicht durch momentane Zwischenfälle niederdrücken und durch das Glück des Augenblicks zur Überheblichkeit verführen lassen, denn beides ist relativ und geht schnell vorüber, wenn wir es genau betrachten.
Ohne Gott erlangen wir nichts, denn daß ein gutes Werk gelingt, das ist Gnade.
Unnmöglich können wir vermeiden, daß vielerlei Gedanken durch unseren Kopf gehen. Möglich aber ist es, sie mit allem Fleiß entweder anzunehmen oder zu verwerfen. Der Mensch hat die Freiheit der Wahl. Und es liegt in unserer Macht, das Niveau unserer Gedanken zu heben: Entweder füllen heilige und geistliche Gedanken den Raum unseres Herzens auf, oder es wuchern die irdischen und fleischlichen.
Alles was Gott uns auferlegt, mag es im Augenblick auch traurig oder freudig erscheinen, wird vom allerliebsten Vater und allergütigsten Arzt zu unserem Nutzen verfügt.
Nur der wird aus der Tiefe des Herzens beten können, der vertraut, daß Gott alles- mag es äußerlich als Glück oder Unglück erscheinen- zu unserem Nutzen lenkt, und daß ER um das Heil und das Wohl der Seinen aufmerksamer besorgt ist, als wir es selbst für uns sein könnten.
Wollen wir von Gott milde und nachsichtig gerichtet werden, dann müssen wir denen gegen über mild und nachsichtig sein, die uns Arges angetan haben.
Ist es nicht oft so, daß wir das unserem wirklichen Heil Entgegengesetzte verlangen und es also für uns besser ist, wenn Gott uns nicht erhört, weil er besser weiß, was uns not tut? Laßt uns darum allen Bitten am Schluß den Satz anfügen: "Aber nicht wie ich will, sondern wie DU willst."
Wenn all unser Lieben, all unser Sehnen, alles Mühen, alles Suchen all unser Denken, wenn unser ganzes Leben, unser Sprechen und Atmen GOTT sein wird, dann wird unser Herz und unser Geist von jener Einheit geprägt, die der Vater mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater ist.
Das ist überhaupt der Zielpunkt der ganzen Vollkommenheit: das von aller schwer- dumpfen egoistischen Verhaftung befreite Herz Tag für Tag zu den erhabenen Höhen geistlicher Wirklichkeiten zu erheben, bis alles Sinnen und Trachten ja jeder Herzschlag ein einziges und immerwährendes Gebet werde.
Es ist ein sicheres Zeichen, daß eine Seele noch nicht von der Hefe der Laster gereinigt ist, wenn sie aus der Tiefe des Gefühls mit fremden Fehlern nicht Mitleid hat, sondern die harte Strenge des Richters zeigt.
Die Fülle der erhabenen Liebe läßt sich nicht verwirklichen ohne ein keusches Leben. Liebe und Keuschheit sind wie eine doppelte Siegespalme, zwei glückliche Schwestern, so eng miteinander verbunden, daß man die eine nicht ohne die andere haben kann.
Ein Mensch, der durch ein lasterhaftes Leben abgestumpft und in seinen Leidenschaften verstrickt ist, nimmt nicht das Geringste wahr von dem, was Gott den Menschen schenkt.
Wer das Laster nicht meidet, strebt vergeblich Gott zu schauen heißt es doch:" Der Geist Gottes haßt den Heuchler. Er wohnt nicht in einem Leib, der Sklave der Sünde ist."
Eine unreine Seele wird niemals zu geistlicher Wissenschaft gelangen, selbst wenn sie sich die Schriftlesung noch so viel Schweiß kosten läßt. Gießt doch auch niemand kostbares Salböl oder besten Honig oder sonst eine wertvolle Flüssigkeit in ein unsauberes Gefäß. Eher wird nämlich das Reine verdorben, als das Verdorbene gereinigt. Solange es nicht vollkommen vom übelriechenden Gestank der Laster befreit ist, kann das Herz den Wohlgeruch des Segens nicht in sich aufnehmen, und solange kann es auch die geistliche Wissenschaft nicht erlangen und die Worte der Schrift, die süßer sind als Honig und Honigseim nicht unbefleckt bewahren.
Sei also bei allem schnell zum Hören, langsam zum Reden, damit nicht das Wort Salomons auf dich zutreffe: "Wenn du einen Mann siehst, der schnell mit Worten dabei ist, so wisse, daß ein Tor mehr Hoffnung hat als er." Und schon gar nicht nimm dir heraus, irgend jemanden durch Worte etwas lehren zu wollen, was du nicht selbst zuvor in deinem Tun verwirklicht hast."